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Aufbau eines Forschungskindergartens an der FH Potsdam

Auf dem Gel?nde der FH Potsdam entsteht in naher Zukunft ein gro?er Neubau mit Büros, Seminarr?umen und Werkst?tten. Eine Besonderheit für einen Hochschulneubau ist, dass im Erdgeschoss auch ein Kindergarten für 30 Kinder im Alter von null bis sechs Jahren eingerichtet wird. Geplant wird dieser Kindergarten seit l?ngerer Zeit von Lehrenden des Studiengangs ?Bildung und Erziehung in der Kindheit“ im Fachbereich Sozial- und Bildungswissenschaften und er soll ein Ort für Kinder werden, an dem Studierende ?best practice“ kennenlernen und auch selbst forschen k?nnen.
Welches Konzept steckt hinter dem Forschungskindergarten an der FH Potsdam? Und wie soll er aussehen, dieser Ort für Kinder, Familien, Studierende und Lehrende? In regelm??igen Abst?nden m?chten wir über die Etappen von der Idee bis zur Realisierung berichten und von den komplexen Prozessen, die Neubauten oftmals mit sich bringen.

Wie alles begann oder "Once upon a time an der FH Potsdam ..."
Seit 2005 bildet der Bachelor-Studiengang Bildung und Erziehung (BABEK) an der FH Potsdam Kindheitsp?dagog*innen aus. Zentrale Bestandteile sind regelm??ige Praktika in Krippen, Kitas, Schulen oder Beratungsstellen. Um Studierenden hochwertige Praxis zu erm?glichen, entstand früh die Idee, einen eigenen Kindergarten an der FHP zu etablieren – als Lern- und Forschungsort zugleich.
2009 begannen Prof. Dr. Christiane Ludwig-K?rner und Prof. Dr. Annette Dreier mit der Planung – inspiriert von Laborschulen amerikanischer Universit?ten. In solchen Einrichtungen beobachten Studierende Kinder im Alltag, erproben eigene Projekte und entwickeln Forschungsfragen. Auch Wissenschaftler*innen finden hier ideale Bedingungen. Kinder wiederum profitieren von hoher Fachlichkeit, guter Ausstattung und intensiver Begleitung.
Das Konzept wurde in den Folgejahren im Studiengang weiterentwickelt – mit dem Ziel, p?dagogische Qualit?t zu definieren und konkret umzusetzen. Gleichzeitig galt es, die Hochschulleitung und Ministerien von der Idee zu überzeugen.
Best Practice: Das p?dagogische Konzept
?Ohne Bindung keine Bildung“ lautet ein zentrales Motto des BABEK-Studiengangs und dieses Motto gilt auch für den Forschungskindergarten. So bietet der Kindergarten eine hervorragende P?dagog*innen-Kind-Relation, eine bindungsorientierte und kinderrechtsbasierte P?dagogik mit hoher Beteiligung der Kinder sowie sch?ne und anregungsreiche R?ume für Bewegung, Erkundung und ?sthetische Praxis.
Der Forschungskindergarten wird auch ein Ort für Familien, d. h. ein Begegnungs- und Beratungszentrum, in dem Kolleg*innen der Eltern-S?uglings-Beratungsstelle des Fachbereichs Sozial- und Bildungswissenschaften und das FAMteam der FHP mitwirken.
Neues entdecken: Forschung im Kindergarten
Kinder lernen spielerisch und forschend – durch Beobachten, Ausprobieren und Fragenstellen. Um ihre individuellen Lernwege zu verstehen, braucht es ebenso neugierige Erwachsene. In der Kindheitsp?dagogik spricht man hier von einem ?forschenden Habitus“, den Studierende im Laufe ihres Studiums entwickeln – durch aufmerksame Beobachtungen, eigene Fragestellungen und erste Forschungsprojekte.
Der Forschungskindergarten bietet Studierenden die M?glichkeit, Kinder von null bis sechs Jahren in ihrem Alltag zu beobachten – etwa im Gruppenraum oder durch Einwegscheiben, die das kindliche Spiel nicht st?ren. Dabei gewinnen sie Einblicke in Bildungs- und Entwicklungsprozesse und gestalten durch Praktika die p?dagogische Arbeit aktiv mit.
Zugleich er?ffnen sich den Wissenschaftler*innen der FHP M?glichkeiten zur Durchführung eigener Forschungsprojekte. Erkenntnisse der aktuellen Kindheitsforschung flie?en direkt in den Alltag ein – und umgekehrt entstehen durch gemeinsame Projekte neue wissenschaftliche Erkenntnisse.
Diese Verbindung von Forschung und Praxis war ein zentrales Argument, das das Wissenschaftsministerium Brandenburg vom Bau des Kindergartens an der FHP überzeugte – ein ungew?hnlicher Schritt, denn Ministerien bauen sonst keine Kinderg?rten.
Achtung Spoiler-Alarm: Zu den geplanten Einwegscheiben gibt es sp?ter noch ein eigenes Kapitel, da in die Entscheidung über die geplanten Beobachtungsm?glichkeiten im Kindergarten zusammen mit vielen Referent*innen n aus dem Bildungsministerium sogar die damalige Bildungsministerin des Landes Brandenburg involviert war. Und: Zu Forschungszwecken gibt es an der FH Potsdam insgesamt drei R?ume mit Einwegscheiben, diese werden für spezifische Forschungsvorhaben genutzt, indem Kinder oder Kindergruppen diese R?ume aufsuchen und dort beobachtet oder gefilmt werden.
Fortsetzung folgt...
1 Mit dem Begriff P?dagog*innen-Kind-Relation ist die meist als ?Personalschlüssel“ bezeichnete perso-nelle Ausstattung in Kindertageseinrichtungen gemeint. Aus wissenschaftlicher Sicht wird bei Kindern von 0-3 Jahren eine Relation von 1 Fachkraft für 3 Kinder empfohlen; bei Kindern von 3-6 Jahren eine Relation von 1:7,5. In keinem Bundesland werden diese Empfehlungen umgesetzt, oftmals sind die Re-lationen viel schlechter und wenige P?dagog*innen müssen sich um viele Kinder kümmern – mit negati-ven Folgen für beide Seiten. Der Forschungskindergarten an der FHP wird die Empfehlungen jedoch um-setzen und erm?glicht dadurch eine hervorragende Ausstattung.
2 Vgl. u.a. Nentwig-Gesemann, Iris (2022) Forschendes Lernen als Impuls für Professionalisierungsprozesse.
Erfahrungen aus einer Weiterbildung zur "Fachkraft für Kinderperspektiven". In: Bohnsack, Ralf [Hrsg.]; Bon-net, Andreas [Hrsg.]; Hericks, Uwe [Hrsg.]: Praxeologisch-wissenssoziologische Professionsforschung. Per-spektiven aus Früh- und Schulp?dagogik, Fachdidaktik und Sozialer Arbeit. Bad Heilbrunn : Verlag Julius Klinkhardt 2022, S. 389-409